Schikane im Bus

Wie versprochen kommt hier der "politische" Artikel.  Wie schon öfter erwähnt ist die Schikane seitens jüdischer Soldaten vor allem auf dem Weg nach Jerusalem immer schlimmer geworden. 

Ich habe ja schon erzählt, dass man inzwischen am Checkpoint aussteigen. Vor allem wenn die Soldaten sehr jung sind, kann das sehr nervig sein. 

Sie spielen Karten und ignorieren uns, während ältere Damen eine halbe Stunde lang in der Sonne stehen bedienen die sich aus einem Getränkeautomaten. 

Schlimmer wird es dann aber auf der Rückfahrt. Es gibt eine bestimmte Stelle wo der Bus oft angehalten und durchsucht wird. 

Neulich ist mir dort eine Art Kunstwerk aufgefallen. Eine Metallstatue von einem Mann, der an der Mauer steht. Mit dem Rücken zur Straße. Ich habe mir überlegt warum dieses Kunstwerk plötzlich da auftauchte und was es bedeutete.

Einige Tage später bin ich wieder aus Jerusalem zurückgefahren und sah was die Statue bedeutete.

Einige junge Männer waren im Bus und die junge Soldatin kam mit ihrem Maschinengewehr hinein. Ich weiß nicht genau warum sie rausgeholt wurden, vielleicht stimmte ihre Genehmigung nicht oder was auch immer. 

Jedenfalls wurden sie aus dem Bus gezogen und an der Wand aufgestellt. Genauso wie die Statue und durchsucht, während die junge Soldatin ihr Maschinengewehr auf sie gerichtet hielt. 

Einer der jungen, er war vielleicht 18 oder 19 auf jeden Fall nicht älter als ich bekam Panik und brach in hysterisches Kichern aus, woraufhin die junge Soldatin ihm das Maschinengewehr in den Rücken gerammt hat und irgendwas auf Hebräisch gebrüllt hat. 

Ich weiß nicht wie die Geschichte ausgegangen ist, da wenig später ein Soldat in den Bus kam und meinte wir sollen weiterfahren. Natürlich ohne die jungen Männer. 

Anscheinend passiert sowas öfter, vor allem an dieser Stelle. Deswegen auch die Statue. Ich frag mich aber warum die Statue immer noch da ist?



Und zum Abschluss noch eine Geschichte, die mir nach der Bussache eingefallen ist. Viel Spaß :p

 

05:00

 

Es ist kalt. Zu kalt. Die Soldatin in der engen Kabine hat sich dick in ihre Jacke gewickelt. Sie zieht an einem Zigarettenstummel. Hat die Füße hochgelegt. Gelangweilt hört sie Musik auf ihrem MP3 Player

Noch eine Stunde.

 

5:00

 

Er packt aufgeregt seine Sachen zusammen. Papiere, Stifte. Alles legt er sorgfältig in die Umhängetasche.

Ein nervöses Lächeln, eine kurze Umarmung. „Viel Glück bei der Prüfung.“

 

5:10

 

Eine Gruppe Arbeiter passiert. Sie winkt sie gelangweilt durch, als sie ihre Genehmigungen vorzeigen.

Pause. Sie verschwindet und ein junger Soldat setzt sich an ihren Platz. Er ist schlecht gelaunt. Zu früh, noch eine Woche bis zum Urlaub. Weit weg vom gemütlichen Tel Aviv und der Familie.

Was soll er überhaupt hier? Das große Abenteuer hat er sich nach der Schule anders vorgestellt! In ein Paar Monaten ist alles vorbei und er kann endlich auf die Uni. Bald hat er Pause.

Noch 50 Minuten.

 

5:10

 

Er nimmt ein Taxi. Es ist noch dunkel auf den Straßen. Niemand ist zu sehen.

Er kennt die Leute, die am Checkpoint stehen. Sie kennen ihn.

Ein Lächeln als er sich anstellt. Ein Paar Männer lassen ihn vor. Sie wissen von der Prüfung.

Noch 50 Minuten.

 

5:15

 

Er schaut in gelangweilte Gesichter und kontrolliert ebenso gelangweilt die Passierscheine. Seine Hand spielt mit dem Maschinengewehr. Es heitert ihn ein wenig auf zu wissen, dass er darüber entscheiden kann ob diese Männer heute zur Arbeit gehen oder nicht.

Aber auch nur ein bisschen.

Er will nach Hause. Zu seiner Freundin. Zu seiner Familie. Zur kleinen Schwester.

Noch 55 Minuten.

 

5:15

 

Langsam schiebt sich die Menge voran. Links Gitterstäbe, rechts eine Wand. Draußen stehen Händler. Doch er sieht das alles nicht. Im Kopf geht er nochmal die wichtigsten Formeln durch.

Von dieser Prüfung hängt viel ab.

Noch 45 Minuten.

 

5:30

 

Eine Frau kommt an die Absperrung. Sie ist hübsch. Eine Christin. Sie trägt kein Kopftuch. Dunkle Haare, dunkle Augen. Sie könnte als Jüdin durchgehen. Pech auf der falschen Seite geboren zu werden.

Der Soldat lächelt ihr zu. Sie schaut ihn nur müde an und hält ihm de Passierschein hin.

Frustriert winkt er sie durch.

Noch eine halbe Stunde

 

5:35

 

Endlich kommt er ans Ende der Reihe. Obwohl es heute schnell ging. Die anderen wissen von seiner Prüfung und haben ihn vorgelassen. Er hat noch mehrere Stunden um durch den Checkpoint zu kommen. Eigentlich kann nichts mehr schief gehen.

Trotzdem schlägt sein Herz bis zum Hals als er an den Schalter tritt.

Er zieht seinen Passierschein hervor. Seine Hände Zittern. Ein nervöses Lächeln. Freundlich sein!

 

Noch fünfundzwanzig Minuten.

 

5:37

 

Was will dieser Typ. Sein Lächeln ärgert ihn. Wären diese jungen Männer nicht hier, müsste er nicht hier sitzen und wäre zu Hause. Scheiß auf die Westbank, scheiß auf den Krieg!

Er betrachtet den Passierschein. Das Bild sieht falsch aus. Ein Fleck. Er ist zu müde um sich damit zu befassen. Aber Vorschrift ist Vorschrift.

Der Passierschein ist ungültig.“ Er spricht hebräisch. Warum sollte er sich mit seinen geringen Arabischkenntnissen herumplagen? Es ist kurz nach halb sechs.


 

Noch dreiundzwanzig Minuten

 

5:40

 

Aber... hören Sie ich habe eine Prüfung. Ich muss um 10 Uhr an der Uni sein.“ 

Das ist nicht mein Problem. Vorschrift ist Vorschrift. Ich könnte Ärger kriegen wenn ich Sie durchließe.“

Bitte. Ich habe eine Prüfug. Das Bild ist doch nur etwas verknickt.“

Der Soldat ist genervt. Er könnte nach Hause gehen und muss sich stattdessen mit diesem Mann herumschlagen. 

Wenn es ihnen nicht passt dann beschweren Sie sich. Schreiben Sie einen Brief an meinen Vorgesetzten wenn es Ihnen gefällt, aber heute kommen Sie nicht mehr durch.“

Der junge Mann sieht verzweifelt aus. „Aber die Prüfung...“

Scheiß auf die Prüfung. Denkst du ich will hier sein? Beschwer dich doch!“

Er beschließt das Gespräch abzukürzen.

 

5:41

 

Fassungslos schaut der junge Mann zu wie der junge Soldat den Passierschein nimmt, ihn in der Mitte zerreist und ihm über den Tresen reicht.

Besorgen sie sich ein neues Bild und einen neuen Schein. Kommen Sie danach wieder.“

Ich werde mich beschweren. Ich verlange Ihren Vorgesetzten zu sprechen.“

Der Soldat greift nach dem Telephon. „Ja.. hier gibt es ein Problem. Ja ein junger Mann macht Ärger.... Danke.“


6:00

 

Er wird in einen Raum gebracht. Abseits. Den Passierschein hat er immer noch fest umklammert. Er weiß nicht was mit ihm passiert, aber er weiß, dass er die Prüfung vergessen kann.

Die Umhängetasche steht neben ihm auf dem Boden. Darin das Papier und die Stifte.

Die Prüfung kann er vergessen. Er denkt nicht weiter. Denkt nicht an das traurige Gesicht seiner Mutter. Denkt nicht an die Hoffnung die sich alle gemacht hatten, als er an der Hebräischen Uni angenommen wurde. Trotz seiner Herkunft. Trotz der Vorurteile.

Denkt nur an den jungen Soldaten und das teilnahmslose Gesicht.

 

6:00

 

Er winkt eine Gruppe Arbeiter durch. Sie haben alles beobachtet. Mitleidige Gesichter, aber nichts neues. Das kennen sie.

Er hat den jungen Mann schon wieder vergessen. Die Soldatin ist da und löst ihn ab. Er geht nach draußen. Jetzt erstmal schlafen und dann lernen. In einem Monat ist die Aufnahmeprüfung für die Uni.


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